Gute Ideen sind Glückssache. Zum Glück kann man sich darauf vorbereiten.
- soerensschroeder
- 24. Nov. 2020
- 3 Min. Lesezeit
«Le hasard, d’ailleurs, favorise les esprits préparés […].» (Louis Pasteur)
Wenn man über gute Ideen spricht, taucht immer wieder die Frage auf, ob es sich dabei um Glücksfälle handelt. Und wenn ja, ob man dem Glück wenigstens ein wenig auf die Sprünge helfen kann. Nun verhält es sich gemäss dem bekannten Zitat von Louis Pasteur ja so, dass das Glück denjenigen bevorzugt, der vorbereitet ist. Oder diejenige. Also eine Person, die sich durch Überraschungen oder unvorhergesehene Wendungen nicht beirren lässt. Aber wie kann man sich auf Dinge vorbereiten, von denen man nicht weiss, dass sie passieren werden?
Nun, eigentlich kann man das nicht. Denn man hat ja keine Gewissheit über das, was passieren wird. Landen vielleicht eines Tages Space-Piraten aus dem Weltall auf der Erde? Verliert die Schwerkraft ihre Gültigkeit? Lernen Zebras plötzlich sprechen? Man weiss es nicht. Und folglich kann man auch keine Pläne oder Patent-Rezepte dafür entwickeln. Dennoch kann man etwas tun, um für den Fall der Fälle vorzusorgen. Man kann sich nämlich eine bestimmte Geisteshaltung aneignen, die einen dazu in die Lage versetzt, mit neuen Situationen souverän umzugehen. Mehr noch: diese sogar zum eigenen Vorteil zu nutzen.
Dafür ist das richtige Mindset zentral. Ein Beispiel: In seiner Rede, die er anlässlich der Nobelpreisverleihung im Jahre 1945 hielt, stellte Alexander Flemming, der Entdecker des Penicillins, seine «Entdeckung» des Penicillins als eine glückliche Beobachtung dar.
«In my first publication I might have claimed that I had come to the conclusion, as a result of serious study of the literature and deep thought […]. That would have been untrue and I preferred to tell the truth that penicillin started as a chance observation. My only merit is that I did not neglect the observation and that I pursued the subject as a bacteriologist.» (Alexander Flemming)
Flemming weist also ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei seiner bahnbrechenden Entdeckung nicht um eine Erkenntnis handelt, die durch das Studium der Literatur oder intensives Nachdenken entstanden ist, sondern durch eine glückliche Fügung. Was war passiert? Der Forscher hatte während seiner Ferien eine Bakterienkultur im Labor vergessen und stellte nach seiner Rückkehr fest, dass die Bakterien durch einen Pilz abgetötet worden waren. Andere hätten nun vermutlich die Petrischale mit den toten Bakterien entsorgt. Flemming tat das nicht. Er war vorbereitet. Er hatte das richtige Mindset. Seine Geisteshaltung war offen. Anstatt die vergessene Petrischale einfach wegzuwerfen, schaute er sich an, was die Ursache für das Bakteriensterben war – und identifizierte so das Penicillin.
Als Vollblutforscher kreiste all sein Denken (wenn auch unterschwellig) um den Gegenstand seiner Forschung. Vorbereitet sein, bedeutete in seinem Fall also, in Betracht zu ziehen, dass auch auf den ersten Blick völlig unwichtige Dinge für seine Untersuchungen relevant sein könnten. Wie eben eine vergessene Petrischale. Diese offene Geisteshaltung ermöglichte Alexander Flemming seine bahnbrechende Entdeckung. Er beurteilte die Situation nicht nach dem Schema «missglücktes Experiment», sondern nach dem Schema «neuer Forschungsbefund». Und genau dieses offene Denken ist es, dass wir uns alle aneignen können.
Natürlich bedarf dies einer gewissen Übung. Doch, wenn es uns gelingt, diese Offenheit als Grundlage unseres Denkens zu etablieren, eröffnet uns dies fantastische Möglichkeiten – insbesondere im Hinblick auf kreative Kommunikation. Denn auch hier kommen wir vor allem dann auf gute Ideen, wenn wir vorbereitet sind. Das bedeutet, unser zentrales Mindset bei allem, was wir beobachten, muss sein: «Das hier ist eine grossartige Chance für kreative Kommunikation.» Das ist einfach gesagt und in Wirklichkeit schwer umzusetzen. Schliesslich geht es in der Regel um missglückte «Experimente». Ein Konzept wurde abgeschossen. Eine Filmidee gefällt dem Kunden nicht. Ein Budget wurde gekürzt. Mit anderen Worten: Die Bakterien sind tot.
Unser Reflex ist es in solchen Fällen, die Petrischale einfach zu entsorgen. Und genau deshalb ist das richtige Mindset so entscheidend. Vielleicht liegt nämlich gerade in dem vermeintlichen Rückschlag die Chance zu einer grossartigen Kampagne. Dies können wir allerdings nur dann entdecken und für uns nutzen, wenn wir gedanklich offen sind. Wenn wir uns nicht zu sehr auf einen einzigen Gedanken versteifen.
Je besser es uns also gelingt, uns unsere Offenheit zu bewahren und nicht in gelernten Schemata zu denken, desto mehr neue Verknüpfungen können wir herstellen und neue Ideen schaffen. Auf diese Weise werden wir dann vielleicht tatsächlich vom Glück bevorzugt. Schliesslich steht uns der Weg zu neuen Entdeckungen und Ideen weit offen.
Kommentare